Crazy Forces

Wer ist eigentlich der Urheber der Afghanistan Idee? Die kurze Information meines Chefs nachdem ich meine Zusage für den Afghanistan-Einsatz gegeben hatte: ” Der zuständige Redakteur meldet sich bei Dir – mit dem kannst Du alles weitere klären!”
Ich treffe John Dyfed Loesche, dapd Redakteur des Frankfurter Büros, zum ersten mal in einem Cafe in Hamburg.

Eine gemeinsame Basis haben wir also – er stammt aus Hamburg, ich wohne hier, er möchte nach Afghanistan – ich auch. Für uns beide ist es das erste Mal, dass wir in einem Kriegsgebiet arbeiten, beide sind wir also absolute Anfänger und beide versuchen wir eigentlich noch herauszubekommen warum wir das eigentlich tun wollen.

John bzw. Dyfed (für die Soldaten der US-Army ist er John obwohl sein Rufname eigentlich Dyfed ist) hat die gesamte Vorbereitung schon erledigt. Er hat den Kontakt zu US-Army geschaffen und die gesamte Planung des Vorhabens alleine organisiert bis hin zur Vorstellung des Projekts bei den Chefs der dapd Nachrichtenagentur. Ich bin als begleitender Fotograf ausgewählt worden und so bilden wir also das “Krisenteam” der dapd.

Dyfed hat schon mal organisiert, dass wir beide bei der sogenannten “Mission Rehearsal” der US-Truppen mit denen wir nach Afghanistan verlegt werden teilnehmen können. Das wird also unser erster gemeinsamer Arbeitseinsatz sein in dem wir beide ausprobieren können wie wir miteinader klar kommen. Das ein Fotograf eine ganz andere Arbeitsweise als ein schreibender Redakteur hat und insofern auch ganz andere Sichtweisen mitbringt ist klar und von unserer Zentrale auch so gewollt. Jetzt müssen wir nur noch probieren wo die gemeinsamen Schnittstellen sind.

Dyfed hat vor, neben seiner Schreibarbeit sich auch mit dem Thema Video auseinanderzusetzen. Das Thema wollte ich auch mit abdecken (mit meinen Kameras ist das möglich und braucht keine separate Videoausrüstung) – spannend wird es aber sicher dadurch, dass Dyfed ganz bestimmt mit einer ganz anderen Wahrnehmung an filmische Bilder heran geht als ich das als Fotograf tue. Wir werden das ausprobieren und vielleicht liegt die Essenz ja in der Kombination beider Arbeiten.
Auf der “Mission Rehearsal” auf einem Truppenübungsplatz im bayrischen Hohenfels sind wir also das Media Team, dass zusammen mit den Soldaten der 172. Infantry Brigade den Ernstfall für Afghanistan übt. Für uns das erste Mal mit direktem Kontakt zu den US-Truppen. Neben alle technischen und logistischen Problemen schlagen wir uns als Team ganz tapfer und wachsen Schritt für Schritt und Tag für Tag als eine Einheit zusammen, die – machmal ein bisschen verloren zwischen den ganzen Soldaten – wunderbar funktioniert.

Wir nennen uns selbst die “Crazy Forces” – es ist genug Ernsthaftigkeit in diesem Job dabei und unsere manchmal etwas chaotische Arbeitsweise passt ganz gut zu diesem selbstgewählten Titel. Ich für meinen Teil kann mir nicht mehr vorstellen den Afghanistan-Einsatz mit irgend einem anderen Partner zusammen zu bestehen. Für mich hat sich Dyfed als Glücksfall erwiesen, der viele meiner Bedenken teilt, der viele meiner Ansichten ähnlich sieht, dessen Humor immer wieder die oftmalige Verkrampfheit lockert und mit dem ich einfach unglaublich gerne zusammen arbeite.
Danke Dir Dyfed! Ich bin gespannt wie sich unser Projekt entwickelt!

 

Nikon? Canon? Leica? Kompakt? Film?

Man kann selbstverständlich immer übertreiben oder positiv ausgedrückt alle verfügbare Technik gleichzeitig nutzen ... ob das alles Sinn macht? Eher nicht ...

Viele Fotografen haben die Eigenschaft sich in endlose Materialdiskussionen zu begeben (ich schliesse mich da selber im übrigen nicht aus). Welche Kamera ist die Richtige,

welches Objektiv das Beste. Was braucht man alles und vor allem was könnte man ausser dem ganzen Equipment welches man schon besitzt noch gebrauchen. Eigentlich ist es gar nicht so schwer: Man investiert möglichst viel Geld in ein möglichst umfangreiches Equipment, kauft am sinnvollsten immer die teuerste Kamera des edelsten Herstellers (besser sogar zwei oder drei) und wenn irgend möglich auch noch alle verfügbaren Objektive. Dazu sollten man noch kistenweise Zubehör wie grosse Stative, Studioblitze, alle möglichen Adapter für alle möglichen Verbindungen, möglichst auch Remote-Einheiten, sowie edle und teure Taschen in verschiedensten Grössen und Formen besitzen.

Ist man erst einmal so ausgerüstet lässt sich jede fotografische Aufgabe lösen – denn viel hilft viel (glauben zumindest die Meisten). Ganz anders stellt sich die Situation nun für mich da. Kistenweise Technik mit nach Afghanistan nehmen erscheint hier mehr als übertrieben. Auf der einen Seite will man natürlich die bestmögliche Bildqualität bekommen. Auf der anderen Seite steht die Tatsache, dass man das ganze Zeugs auch schleppen muss.

Auf den vorbereitenden Übungen in Hohenfels/Bayern, wurde mir zum ersten Mal bewusst, was auf den Fussmärschen so alles getragen werden muss. Neben einer 12 Kilo wiegenden Splitterschutzweste und einem Rucksack mit mehreren Litern Wasservorrat, sowie Ersatzwäsche und Essensrationen müssen ja auch noch Kameras und Objektive mit. Da kommen dann so einige Kilos zusammmen und man ist froh über jedes Gramm Ersparnis.

Im Nachrichtenagenturalltag fotografiere ich mit Nikon Spiegelreflexkameras – perfekte Kameras für den journalistischen Alltag. Allerdings wiegen die jeweils deutlich mehr als ein Kilo. An jede Kamera ist ein Objektiv angesetzt was ebenfalls pro Stück mit ein bis zwei Kilo an Gewicht daher kommt. Ausserdem baumeln die Dinger an Schulterriemen meistens im Weg rum. Da ist die Versuchung, auf kleinere leistungsfähige Systeme umzusteigen natürlich gross.

Aber was bietet der Markt? Nun, die klassische Reportagekamera ist eine Leica Messucherkamera (aktuell die M9). Zwei davon mit jeweils einem Weitwinkel und einem Normalobjektiv bestückt und dazu noch ein kleines Teleobjektiv in der Jackentasche. Gesamtkosten: ca 20.000 Euro. Mein Sparkassensachbearbeiter wird nur müde lächeln …
Vielleicht eine kleine Kompaktkamera? Die hat ein Zoom-Objektiv und kann Filmen. Tolle Reservekamera, aber von den optischen Leistungen eher nicht zu empfehlen.

Ausserdem knn ich mir nicht vorstellen wie so eine kleine Kompakte den ganzen Staub und Dreck und die physikalischen Belastungen wegsteckt. Ich hatte kürzlich nur etwas Dreck am Objektiv einer kleinen Kompakten – da ging schon nichts mehr!

Also vielleicht doch Canon? Der Unterschied zu den Nikon Kameras ist nur marginal (mit Ausnahme der Schärfe – ganz ketzerisch gesagt. Mit den Nikons werden die Bilder zumindest meistens scharf ohne die bei Canon üblichen Justagearbeiten für das meiner Erfahrung nach schlechtere AF-System) und nach einigen Jahren mit Canon Kameras fehlt mir ein bisschen das Vertrauen in deren Zuverlässigkeit.

Eine echte Alternative – zumindest für den Bereich Reportage ist die neue Fuji X100. Eine Sucherkamera aus Metall mit lichtstarkem 35mm Objektiv. Die zumindest könnte in Kombination mit einer der grossen Nikons für die Motive wo es darauf ankommt unauffällig zu bleiben eine gute Lösung sein (und die 1000 Euro Kosten wären noch zumutbar).

Ganz unterm Strich ist die Suche nach einem idealen System für mich leider noch nicht abgeschlossen. Die beiden Nikon D3s zusammen mit einem 2.8/70-200 und einem 2.8/24-70, ausserdem ein paar lichtstarke Objektive (1,4/24, 1,4/35 und 1,4/85) werden wohl die Reise mit antreten. Grossartige Objektivwechsel werden in der staubigen Umgebung nur in den seltensten Fällen erfolgen. Das alles zusammen mit einer X100 sollte dann zumindest einigermassen transportabel sein. Vielleicht setllt sich vor Ort aber auch heraus, dass man genau die Sachen zu Hause gelassen hat, die man gerade am besten brauchen könnte. Das zumindest ist im normalen Berufsalltag permanent der Fall.