Zurück nach MES

Teile des Feldlagers Masar-i-Scharif. Wenn man sich vorstellt, dass alles was hier steht auch wieder abtransportiert werden muss bekommt man einen kleinen Einblick in die Kosten- und Logistikproblematik

Nach einer etwas zu kurzen Nacht geht es heute per Hubschrauber zurück nach MES (Masar-i-Scharif), dem Hauptstützpunkt der Bundeswehr in Afghanistan. Der Hubschrauberpilot ist gut drauf und auf meinen Wunsch hin dreht er noch ein paar Runden über das Camp OP-North, so dass ich noch einige Luftbilder machen kann.

Der 1,5 stündige Flug endet auf dem Hauptflughafen in MES und – da zahlt sich Hubschrauberfliegen wieder aus – der Pilot landet direkt neben dem Terminal. Von oben sah es aus also würde er beinahe in die Halle fliegen.

Wir werden wieder in der Truppenunterkunft untergebracht – super, ein richtiges Bett, eine saubere Dusche ein Kühlschrank und wenig Staub. Heute Abend soll es noch ein Party geben. Wie bitte? Eine Party? Einige Soldaten feiern ihren Abschied aus Afghanistan und wir sind ebenfalls eingeladen.

Vorher aber noch ein schneller Besuch in der Grosskantine und ein Kurzbesuch der lokalen „Kneipe/Bar/Disco/Internet-Cafe“. Was genau das wirklich für eine Institution ist, die zur allgemeinen Auflockerung dient erschliesst sich mir nicht ganz (ein bisschen wie ein Lonely-Hearts-Club in der Deutschen Eiche mit Wifi-Empfang bei einer Mottoparty „Bundeswehr“)  – die Musik ist auf jeden Fall grausam. Wolfgang Petry gepaart mit diversen anderen „Mallorca-Hits“ und Gassenhauern auf dem Niveau von WDR4. Aber es scheint niemanden zu stören – und scheinbar amüsiert die Deutsche Pop-Kultur auch die Soldaten aus den USA und Holland, die hier ebenfalls abhängen.

Bevor es zur Party geht gibt es noch ein langes Gespräch mit dem Chef der Logistikeinheiten – so einer Art erweiterter DHL der Bundeswehr. Die ganze Dimension von Nachschub und Versorgung wird einem erst  klar wenn man allein die Kosten sieht, die der Rücktransport eines gesamten Feldlagers so ausmacht. Da muss jedes Fahrzeug, jeder Container und selbst das ganze Baumaterial mit Flugzeugen wieder abtransportiert werden.

Das dabei versucht wird, nicht mehr benötigtes Material hierzulassen ist verständlich. So werden die zahllosen hier stehenden Unimogs nicht mehr gebraucht. Sie sind ungepanzert und daher in Afghanistan nicht zu gebrauchen – ein Rücktransport kostet mehr Geld als die Dinger Wert sind – einfach verschrotten kann man sie aber auch nicht. Da sie oliv angestrichen sind fallen sie unter Militärgut und dürfen nicht verschrottet werden. Aber fürjedes Problem gibt es eine Lösung – ein Dutzend Einheimischer wurde engagiert, alle mit Pinsel und Farbeimern ausgerüstet und so werden die olivfarbenen Unimogs kurzerhand fröhlich blau gestrichen sehen deshalb nicht mehr militärisch aus und können danach verschrottet werden. Mit anderer Farbgebung ist das in Ordnung – machmal schüttelt man einfach nur den Kopf.

Die abendliche Party ist bestens organisiert – Knicklichter in Wasserflaschen illuminieren einen ca 50 qm grossen Platz vor der Unterkunft. Per Nachschub wurden auch einige Bierdosen organisiert und selbst ein mobiler DJ (diesmal mit besserer und aktuellerer Musik) beschallt die abschiednehmenden Soldaten. Ein bisschen hat man den Eindruck als wenn es sich hier um alles mögliche nur keine Kriegs- oder Krisengebiet handelt. Aber feiern sollte den Soldaten durchaus erlaubt sein – einige haben heftige Zeiten hinter sich und wollen nur noch eins: Nach Hause

Geht mir übrigens genau so – morgen werde ich erst wieder nach Usbekistan und von da aus wieder nach Deutschland verlegt. Aber erst mal geniesse ich jetzt ein einigermassen warmes Zimmer in dem Wohncontainer und ein richtiges Bett.