Kleine Wunden

Der Tag fängt heute ziemlich früh an. 7.30 Uhr ist das Briefing auf dem Hauptsatz des COPs auf dem die Fahrzeuge stehen. Und wie das so ist wenn man spät ins Bett gekommen ist … Eine Flasche Wasser ueber den Kopf und die Zahnbürste in den Mund gesteckt, schnell noch zwei gekochte Eier in den Mund hinterher: abfahrtbereit.

Zerschossen, beschmiert und geschlossen! Die Maedchenschule in Sar Howsa

Wir fahren in die Stadt Sar Howsa raus in der es eine Mädchenschule gibt, die von den US-Streitkraeften aufgebaut worden ist aber leider durch permanente Attacken der Taliban geschlossen wurde. Die Dorfbewohner – man sagt sie würden mit den Taliban sympathisieren – haben entweder nicht die Mittel oder den Wunsch, diese Schule weiter zu betreiben.

Sergeant Puchalsky, in dessen Truck ich mitfahre, orakelt schon bei der Abfahrt: “Irgendwas geht heute schief – ich hab’ da so ein Gefühl … ” Warum kann er nicht begründen, aber die Erfahrung von zwei Jahren Irak und einem Jahr Afghanistan hat ihn gelehrt. seinem Bauchgefühl zu vertrauen.

Wir fahren mit den schwer gepanzerten Fahrzeugen durch in das Dorf, an dessen Eingang ein Friedhof mit hunderten von Gräbern liegt. Langsam tasten sich die Fahrzeuge vor – auf dem Friedhof liegt angeblich eine IED (Improvised Explosive Devise), trotzdem laufen Menschen über den Friedhof. Entweder wissen sie nichts davon oder aber es ist nur eine Geschichte.

Wir sitzen einige hundert Meter vor der Schule ab, die an einem schroffen, steil aufragendem Berghang liegt und gehen im Gänsemarsch langsam auf die Schule zu. Dieser Berg ist “Enemy Line” hier regieren die Aufständischen. Wir werden mit Sicherheit beobachtet – das hat die Aufklärung schon gesagt, also sichern mehrere Soldaten unten während 6 weitere Soldaten zusammen mit einem afghanischen Polizisten sich aufmachen den Berg hochzusteigen. Das muss sein, denn wenn sie den Berg nicht sichern kann es sein, dass wir während wir uns die verlassenen Schulräume anschauen von oben beschossen werden – das passt so gar nicht in den Plan. Also warten – weiter oben auf dem Berg findet der Trupp eine Höhle und eine mit Steinen befestigte Feuerstellung der Aufständischen, aber ausser ein paar Patronenhülsen und Essensresten ist nichts zu sehen.

Die 6 bleiben auf dem Berg, fragen mich über Funk ob ich hochkommen will oder lieber die Schule anschauen möchte. Ich entscheide mich für die Schule – und bin wieder einmal erschrocken. Die Wände von Gewehrsalven durchsiebt und das für hiesige Verhältnisse moderne und funktionale Gebäude ist insbesondere in den Innenräumen über und über mit Graffitis beschmiert. Der Übersetzer findet antiamerikanische Sprüche – was ich aber schlimmer finde sind die Gewaltbildchen, die scheinbar von den Kindern an die Wand gemalt worden sind. Pistolen, Granaten, Monster und Panzer … Irgendwie illustrieren diese simplen Bildchen mehr, als alle Berichte, Erzählungen und Fotos es könnten. Hier herrscht einfach die pure Gewalt. Und Unterricht wird es hier auf absehbare Zeit wohl nicht mehr geben …

Der Rückweg zu Fuss führt uns um das Dorf herum und da zwei Männer afghanischer Herkunft allzu offensichtlich an einer Hausecke rumdrucksen und zwischen ihnen und uns nur freies Gelände ist fangen wir an zu laufen. Mit dem ganzen umhängenden Geraffel nicht so einfach, in hier herrschenden 2900m Höhe erst recht nicht. Egal, da muss ich durch. Neben mir keucht Leutnant Wood, hinter mir Sergeant Espinoza und vor mir sprintet in einer Geschwindigkeit die bei dem mitzuschleppenden Gewicht beinahe olympisch zu nennen ist Puchalsky. Nach 500m erreichen wir das Ende der Strasse und dann passiert es natürlich mir: Irgendwas was an mir rumbaumelt verheddert sich und ich falle der Länge nach auf die Strasse, rechts und links schlittern meine Kameras durch den Dreck und irgendwas an meinem linken Ellenbogen brennt ganz heftig. Der sich durch den Krach und mein Fluchen umdrehende Puchalsky fällt rücklings und bleibt wie ein Käfer liegen und nur Zehntelsekunden später überholen Wood und Espinoza Puchalsky und mich, ziehen uns an unseren Westen hinter eine Mauer und winken den Truck rückwärts ran.

Einsteigen, Türen “Combat Locked”, abfahren, Klamottenkontrolle. Allen geht es gut – die Kameras sehen gruselig aus, funktionieren aber einwandfrei … Puchalsky ist nur komplett dreckig, bei mir ist es Hauptsächlich Dreck und ein blutig aufgeschlagener Ellenbogen – nichts Schlimmes also. Dass ich danach erstes Ziel des Spotts bin (erster Kriegsverletzter der Kompanie etc.) – man kann es verstehen. Ich werde, wieder im COP, zum Sani geschleppt, der ziemlich viel Spass dabei hat die Wunde zu säubern, Puchalsky schüttet irgendwelche Energiedrinks in mich rein und wir rauchen mitten im Behandlungszimmer eine Zigarette nach der anderen.

Kneifen gilt aber nicht – dick verpflastert verlasse ich das Sani-Zimmer und es geht wieder raus. Diesmal in Richtung südliche Berghänge wo wir uns relativ entspannt ansehen, wie Mörsergranaten die Hügel auffräsen. Irgendwann ist auch das dann langweilig und es geht wieder zurück in den COP. Ab jetzt mache ich gar nichts mehr – nicht das Puchalsky mit seinem Bauchgefühl noch Recht behält.

Morgen geht’s weiter …jetzt erst mal waschen – ok Flache Wasser über den Kopf reicht auch …

Basar und Sanitäter

Kleine OP im Sanitaetsraum. Besonders serioes wirken weder Patient noch Sanitaeter.

Am Samstag erleben wir ein besonderes Spektakel. Aus dem Gefechtsstand der Mörser werden mit Kaliber 120mm Leuchtgranaten Richtung des Städtchens Sar Howza geschossen. Ein unglaublicher Lärm! Diese Geschossen beleuchten ein Gefechtsfeld über den Zeitraum von fast einer Minute in einem Durchmesser von etwa 1km. Was als Test mit zwei, drei Granaten gedacht war wird auf einmal ernster. Vom Feuerleitstand gibt es den Befehl noch deutlich mehr dieser Granaten abzuschießen. Warum das so ist wird nicht ganz klar, aber die Soldaten in der Mörserstellung arbeiten schneller, konzentrierter und ruhiger. Angeblich sind durch den Einsatz dieser Geschosse Special Forces, die irgendwo da draussen operieren auf “Insurgants” (also Aufständische) aufmerksam geworden und fordern weitere Beleuchtung an. Da aber die Special Forces ein Thema sind über das man insbesondere Journalisten nicht informiert bleibt nur die Vermutung im Raum – äussern will sich niemand mehr. Weitere 10 Granaten illuminieren die Hügel vor dem COP.

Der 11. September geht einigermassen spurlos an uns vorbei … es gibt zwar leicht erhöhte Sicherheitsstufen, von denen ist aber nichts zu sehen. Business as usual – auch den Soldaten ist nichts anzumerken – wenn man sie zu diesem Datum befragt reagieren sie sogar leicht genervt. Ueberzeugenste Antwort eines Private: “!1.. September? Keine Ahnung Mann, als das passiert ist bin ich gerade aus der Grundschule gekommen – was soll ich gross dazu sagen?”

Der 12. September ist wieder einmal Patrouillentag. Für uns geht es zum ersten Mal in die Stadt Sar Howza. Nicht direkt in die Stadt – aber mit mehreren MRAPs geht es zum Basar der Stadt. Die Fahrzeuge wirken neben den Lehmhütten des Basars wie Maschinen aus einem Science-Fiktion -Film. Über eine Polizeistation erreichen wir zu Fuss den Rand des Basars. Teile des Dachs dieser Station sind eingestürzt, die Wände sind russgeschwärzt und vierschrötige Gestalten in viel zu grossen Polizeiuniformen begleiten uns auf dem weiteren Weg Richtung Bazar.

Was für ein Kulturschock – die Strassen sind mit Müll uebersät, es stinkt von den Abwässern die aus den Häusern direkt auf die Strasse geleitet werden, verlauste Hunde streunen zwischen Marktständen die die Bezeichnung nicht verdienen. Es gibt weder Strom noch fliessend Wasser. “Afghan Standard” raunt mir Staf Sergeant Nunez zu, und angeblich gibt es viele Städte die noch viel schlimmer aussehen. Schlimmer? Geht meiner Meinung nach gar nicht! Praktika ist eben die ärmste Provinz Afghanistans …

Die Bewohner schauen uns missmutig an, nur die Kinder nehmen direkt Kontakt zu den schwerbewaffneten Soldaten auf. Sie wollen Geschenke – das kennen sie schon. Am liebsten Kugelschreiber. Die sind besonders begehrt. Papier ist auch immer wieder gefragt – ist nichts mehr zu holen trollen sie sich sofort wieder.

Meine Kamera kennen sie nicht und als ich sie ans Auge nehme scheinen sie zu glauben das ich mit einer Waffe ziele und rennen erst mal weg. Diese Sch … auffälligen Spiegelreflexkameras.

Ein Soldat der afghanischen Polizei zwingt einige der Kinger zu mir zu kommen – ich zeige ihnen den Monitor und dann haben sie ganz schnell begriffen wie das geht. Jeder will unbedingt den Auslöser drücken und auf den Monitor schauen. Danach laufen sie neben mir her und drücken immer wieder auf den Auslöser der Kamera die ich gerade nicht benutze während ich mit der anderen fotografiere. Neben mir klickert es ständig und Sergeant Arias, der mich nicht aus den Augen lässt grinst mich an und hält mir den Inhalt meiner Hosentaschen unter die Nase. Den haben mir die Kids beim rumklickern gleich mitgemopst. Da Arias das schon kannte stand er hinter den Kindern und hat ihnen gleich wieder alles abgenommen.

Wir verlassen den Basar und machen es uns auf der Kompanieveranda mit unseren Laptops bequem. Staff Sergeant Puchalsky hat eine Bitte – er wird gleich operiert und möchte, dass ich das fotografiere… Wie Bitte? Was nun folgt werde ich bestimmt nie vergessen, denn die Szene ist unglaublich. Puchalsky legt sich im Sanitätsraum mit freiem Oberkörper auf die Trage und Sanitäter Stephen spritzt im irgendeine Spritze voll Betäubungsmittel in den Rücken. Im Hintergrund dudelt lautstark Countrymusic und immer wieder kommt irgendein Soldat rein um sich das Schauspiel mit einer Mischung aus Faszination und Ekel anzusehen. Stephen zückt ein Skalpell, macht mehrere Schnitte und holt noch längerem Gestochere eine dicke Zyste aus dem Rücken von Puchalsky. Was die Szene fast komisch wirken lässt ist die Tatsache dass der Sani mit sterilen Handschuhen in einem total verstaubten Sanitätszimmer arbeitet. Besonders seriös sieht Stephen auch nicht aus – die Arme von oben bis unten tätowiert und eigentlich erinnert das ganze eher an eine Szene aus einem Splattermovie.

Die Wunde wird fachmännisch vernäht und Puchalsky kann wieder aufstehen. Auf die Frage warum er das hier machen lassen die lakonische Antwort. Zuhause beim Arzt muss man ewig warten. Und wofür Bitteschön die Fotos? Ah ja – für die Ehefrau, der will er damit einen gehörigen Schrecken einjagen. Kann ich bestätigen – das klappt hundertprozentig!

Blackout

US-Soldaten feuern mit einem 120mm Moerser aus einer befestigten Stellung heraus Gefechtsfeldbeleuchtung.

Kein Internet, kein Telefon, keine Kommunikationsmöglichkeiten – alle Leitungen sind lahmgelegt. Ein sogenannter “Blackout”. Warum? In einem COP etwas weiter südlich von unserem hat es einen Selbstmordanschlag gegeben. Das traurige Ergebnis: Ein toter US-Soldat und ein toter Attentäter. Sinnlos, unverständlich, deprimierend und leider immer wieder Alltag. In so einem Fall werden alle Kommunikationskanäle so lange geschlossen, bis die Angehörigen informiert sind – ein verständlicher Vorgang, der zwar die Möglichkeit schnellen Datentransfers einschränkt, aber … so what. Nach all dem was wir erfahren haben ist es in Afghanistan scheinbar so, dass je südlicher die Provinz, desto heftiger tobt der Krieg. Berühmt berüchtigt sind die Südprovinzen Hellmand und Knunar – die meisten Toten des Krieges sind hier zu beklagen. Wir sind im östlichen Teil – hier tobt es nicht so heftig aber es scheint sich weiter Richtung Osten und somit in unsere Richtung (Paktika) zu verlagern.

Trotz alledem sprechen die Streitkräfte hier von einem “Low-Intensity War”. Es gibt keine grösseren Schlachten oder lang anhaltende Feuergefechte. Die Aufständischen schlagen punktuell zu und verlassen so schnell wie möglich wieder das Gebiet in dem sie einen Anschlag durchgeführt haben, Soldaten der “Coalition Forces” beschossen haben oder mit Sprengfallen auf den Strassen versucht haben Erfolge zu erzielen.

Das die Soldaten überhaupt mal einen Aufständischen zu Gesicht bekommen kommt nur auesserst selten vor – und überhaupt, woran wuerde man den denn erkennen? Ob Afghanischer Zivilist oder aufstaändischer Kaempfer – allein optisch macht das keinen Unterschied und es ist gar nicht einmal zu ungewöhnlich, dass ein ansonsten harmloser Tagelöhner sich ein bisschen Geld dazu verdient wenn er Abends ein bisschen auf ausländische Streitkraefte schiesst, seine Waffe danach versteckt und sich wieder dem Alttag zuwendet.

Ab Oktober bricht dann so langsam die Winterzeit an und die Aufständischen Kämpfer verlassen Afghanistan um sich zu grossen Teilen über die Grenze nach Pakistan aufzumachen und dort die Wintermonate zu verbringen (auch denen wird es dann hier zu kalt). Sie fliessen über die Gebirgsketten der sogenannten Durand Linie – das ist die Grenze zwischen Pakistan und Afghanistan (eine von einem britischen Offizier names Durand um 1890 erdachten Grenzlinie die von keiner Seite jemals akzeptiert wurde) zur Frühjahrsoffensive wieder ein.

Ich werde die nächsten Tage mal ein bisschen intensiver über die Provinz Paktika und das was wir in den letzten Tagen erlebt haben schreiben – einstweilen aber sind alle Internetleitungen permanent besetzt. Kein Wunder die Soldaten hier wollen nach dem Aufheben der Sperre zuhause Bescheid sagen, dass es ihnen gut geht.

A Ghost in Tower 2

Wir sitzen auf den Stufen vor unser Holzbaracke und verarbeiten gerade die Erlebnisse des Tages – da passiert es. Einer der Soldaten der neben uns in der Baracke wohnt kommt nach seinem Wachdienst schwer bewaffnet um die Ecke gelaufen und behauptet: “There’s a Ghost in Tower 2″. Das setzt den ganzen Erlebnissen des Tages die Krone auf … einer von Denen die beinahe darauf warten ein Feuergefecht zu erleben und meist auf dicke Hose machen, kommt leicht verängstigt um die Ecke und behauptet auch nach Nachfrage er habe einen Geist gesehen – irgendeinen schwarzen tellergrossen Dämonen – und wirkt ziemlich durcheinander. Was immer er auch gesehen hat – vermutlich eine der hier heimischen grossen Spinnen – es ist nicht rauszubekommen. Nachdem er die Tür hinter sich zugezogen hat grinsen Dyfed und ich uns an … solange der Geist nicht zu den hier aufgestellten Dixie-Klos weiterwandert kann uns das egal sein

Der Tag war heftig – wir waren auf einer Mission der Truppen mit im Berggebiet Afghanistans. Mit Helm und mit genug Wasser und der obligatorischen schussicheren Weste bekleidet fahren wir in einem Konvoi aus mehreren MRAPs – angeblich ist er Minensicher und Hinterhalt-geschützt – offiziell heisst das Mine Resident Ambush Protected aus dem COP zu einem 12 km entfernten Checkpoint, den die US-Soldaten zusammen mit der afghanischen Polizei während ihrer 5 Tages-Mission aufgebaut haben. An dieser Stelle hat es immer wieder Angriffe der Aufständischen gegeben, also ist dieser Kontrollpunkt eine Ansammlung von Schuss- und Splittersicheren Barrikaden den sogenannten Hescos aufgebaut worden. Die Mission heute dient dazu diesem Checkpoint noch ein Dach zu verpassen – das soll Sicherheit vor Mörserbeschuss bringen.

Eine Strasse wie die auf der wir fahren habe ich mein Lebtag noch nicht gesehen. Ein staubige Bergpiste die durch die Bergregion führt, über und über mit riesigen Schlaglöchern versehen und von Flüssen und Bächen überflutet. Das auf dieser Strasse überhaupt Fahrzeuge fahren grenzt an an Wunder – dabei ist es die Hauptverbindungsroute nach Pakistan und nicht nur Militärfahrzeuge nutzen sie sondern auch die überall zu sehenden Jingle-Trucks, knallbunt angemalte uralte LKWs mit denen Waren transportiert werden.Die Fahrt dauert mehr als eine Stunde.

Die grösste Angst der Soldaten ist die vor sogenannten IEDs. (Improvised Explosive Devise), selbstgebaute Bomben, von teilweise so immenser Sprengkraft, dass sogar die stark gepanzerten MRAPs dabei  beschädigt und die Besatzung verletzt werden kann – solche explodieren in der Provinz Praktika beinahe täglich. Aus diesem Grund sind vor den MRAPs Minenwalzen angebracht die die IEDs vor dem Fahrzeug zum Explodieren bringen sollen – dann kracht es zwar heftig, der Fahrzeugbesatzung passiert aber nichts.

Es geht also raus und kurz nachdem wir losgefahren lässt der Turmschütze unseres MRAPs schon das Maschinengewehr loshämmern – das Fahrzeug hinter uns lässt den Granatwerfer los und die Afghanischen Soldaten im Fahrzeug vor uns springen heraus und schiessen mit ihren AK47 Schnellfeuergewehren auf irgendwas rechts und links der Strasse. Das Feuer hört so schnell wieder auf wie es angefangen ist – war nur ein Test ob alle Waffen auch funktionieren … na super …

Am Checkpoint angekommen verfolgen wir kurz die dortigen Bauarbeiten – ein LKW voll Baumaterial wird abgeladen und Soldaten der US-Army sowie afghanische Polizisten fangen munter an Heimwerker zu spielen. OK – das ist langweilig – findet auch Leutnant Chad Christian und fragt ob wir Lust auf wandern haben. In den umliegenden Hügeln haben weitere amerikanische Soldaten Feuerstellungen bezogen die die Bauarbeiten absichern – zu denen wollen wir. So ein richtig munterer Wanderausflug ist das aber nicht. Vollgepackt kraxeln wir zur ersten Stellung an der uns Staff Sergeant Nunez die Umgebung erklärt – er zeigt auf einen höheren Berg vor uns auf dem ein grosser Baum steht und sagt, dass das die Stellung sei von der die Taliban häufig auf sie herunter schiessen. Um näher an diesen “One Tree Hill” heranzukommen gibt es eine weitere Feuerstellung auf einem weiter links liegenden Berg. Zu dieser klettern wir weiter hoch und dabei geht uns fast die Puste aus – in mehr als 2500 m Höhe mit unserem ganzen Geraffelt durch die Hügel zu stapfen ist irre anstrengend.

Wir erreichen die Spitze, die von zwei Soldaten mit Maschinengewehren besetzt ist und haben einen fantastischen Blick auf die Berge Afghanistans. Auf der einen Seite der One Tree Hill auf der anderen Seite die Grenzgebirge in denen die pakistanische Grenze verläuft. Die Gegend ist trotzdem so unwirklich das Dyfed sagt es würde ihn nicht wundern wenn jetzt gleich noch eine Horde Sandmenschen aus Star Wars hier auftauchen. In den nächsten zwei Stunden sitzen wir in der Feuerstellung – nichts passiert und wir schütten dosenweise Energy-Drinks in uns rein und unterhalten uns mit Leutnant Christian, Stapf Sergeant Aras und Private Gloria über Arm, Deutsches Fernsehen, Country-Musik und die Gefahren und Auslandseinsätzen. Teilweise Small-Talk – teilweise sehr erhellende Gespräche in denen wir viele Infos bekommen.

Über Funk bekommen wir Nachricht, dass die US-Soldaten und die afghanische Polizei an der Strasse unten jetzt auch eine Strassensperre errichtet haben – und man fragt mich ob ich Lust habe das zu fotografieren. Habe ich – also geht es den Berg wieder runter und wir erreichen die Sperre an der die afghanischen Zivilfahrzeuge und LKWs angehalten werden, die Fahrer auf Waffen abgetastet werden und die Ladung kontrolliert wird, ausserdem werden von den Fahrern Fingerabdrücke genommen und ein Iris-Scan gemacht. Fahrzeuge mit verschleierten Frauen werden durchgesunken. Die hier oft vorkommenden Nomaden, die Kuchis, die mit ihrer Grossfamilie immer auf Treckern mit Anhängern unterwegs sind und als Schmuggler gelten werden ebenfalls durchgesunken. Den Affront, die Frauen die ebenfalls auf dem Traktoranhängern sind zu kontrollieren, kann man sich wohl nicht leisten. Optisch sind diese Nomadengruppen allerdings ein echtes Spektakel – grellbunte Kleider und die Fahrzeuge sind ebenfalls in allen möglichen Farben angemalt.

Spätnachmittags werden die Kontrollen eingestellt und wir fahren über die extrem staubige Strasse zurück in den COP. Die untergehende Sonne lässt den Staub um die Militärfahrzeuge leuchten – leider kann man das Schauspiel aber nicht fotografieren. Eingeklemmt in diesen mit dutzenden Kabeln und aller möglichen Waffentechnik vollgestopften Fahrzeugen kann man durch die kleinen gepanzerten Scheiben die auch noch mit Raketenabwehrvorhängen versehen sind keine Bilder machen – egal jetzt, Bilder gab es heute schon genug.

Dinner for 5

Captain Perkins (l.) und der Polizeichef der lokalen Polizeistation (r.) bei einer mehr als unterhaltenden Unterhaltung beim Abendessen

Der lokale Polizeichef lädt zum Essen – und eingeladen sind drei amerikanische Offiziere und zwei Deutsche Journalisten – eine Erfahrung der besonderen Art … insbesondere deshalb weil wir uns vorher in der COP-Küche zusammen mit anderen US-Soldaten schon die Bäuche mit Burritos vollgestopft haben und so auf die Einladung eher zurückhaltend reagieren – scheinbar gib’s aber kein entkommen. Captain Perkins, Chef der uns beheimatenden Apache-Kompanie macht grinsend klar, dass wir ihn in einer halben Stunde zum Essen begleiten werden – Mahlzeit!

Direkt neben dem COP liegt eine Polizeistation der afghanischen Polizei (AUP – Afghan Uniformed Police). Wer jeweils eine heimische Polizeistation besucht hat – mit einer solchen hat diese hier absolut nichts zu tun.

Wir betreten ein Haus welches einer ausgebombten Grundschule nicht unähnliche ist. Nur spärlich beleuchtet empfängt uns der Polizeichef mit einigen seiner Untergebenen. Grundsätzlich werden zum Essen die Schuhe ausgezogen – also Stiefel aus und ab hinein in einen Raum der auch nur sparsam von einer nackten Glühbirne und einem laufenden Röhrenfernseher beleuchtet wird.

Erstmal werden die Hände gewaschen – also reicht jemand eine Wasserkanne und eine Schale. Danach bekommen wir auf Papptellern Reis mit Fleisch sowie Tomaten, Pommes und Zwiebeln serviert – traditionell wird mit Händen gegessen, einen Tisch gibt es nicht – man sitzt im Schneidersitz auf Teppichen rund um eine auf dem Boden ausgebreiteten Plastiktischdecke.

Die Kommunikation zwischen Afghanen und Gästen ist von verschiedensten Floskeln und Sympathiebekundungen geprägt – übersetzt wird das ganze von einem Dolmetscher, der praktischerweise gleich mitisst.

Der neben mir sitzende Leutnant hat die gleiche Probleme wie ich den Reis mit den Fingern in den Mund zu bekommen und so krümeln wir munter Hosen und Teppiche voll um die Reste jedesmal verschämt mit den Fingern zusammenzuklauben und hinter dem Rücken zu kleinen Kügelchen zu drehen und in unseren Hosentaschen verschwinden zu lassen.

Der neben mir sitzende Afghane verzieht dabei keine Miene – ob er unser Krümeldilemma mitbekommt oder nicht können wir nicht erkennen. Eigentlich fragen wir uns ob er überhaupt was mitbekommt – er wirkt vielmehr so als hätte er sich vor dem Essen einen Joint ungeahnter Grösse reingezogen.

Der Polizeichef zumindest isst seinen Teller komplett leer – und auch das mitgereichte Fladenbrot verputzt er vollständig betont noch, dass er uns am liebsten jeden Abend zum Essen einladen würde (er hätte seine Freunde gerne immer um sich) um sich danach über die volle Schale Weintrauben herzumachen.

Captain Perkins spricht natürlich eine Gegeneinladung zu einem Barbecue im COP aus bei der man sicher viel Spass hätte und auch ein paar Flares (Signalmunition) abfeuern könne. Diesen scheinbaren Höhepunkt jedes Barbecues verstehe ich erst als der neben mir sitzende Leutnant dabei die Augen an die Decke dreht und nach einem “Oh my God – not again” mir flüsternd die Geschichte erzählt wie viel Spass der Polizeichef bei der letzten Einladung mit der Signalmunition hatte, obwohl er sich damit fast selbst umgebracht hat.

Auf unseren Tellern bleibt noch Einiges zurück aber wir schaffen zumindest den Reis und das Fleisch aufzuessen. Für die im Anschluss gereichten Trockenerbsen sind auf jeden Fall gute Beziehungen zu lokalen Zahnärzten hilfreich – es knirscht beim Zubeissen wie verrückt.

Irgendwie erinnert das ganze Essen ein bisschen an einen Live-Loriot Sketch in dem man selber mitspielt, aber leider keine Stopp-Taste drücken kann. Geplant ist daher von vornherein nicht so ganz lange zu bleiben, die Begegnung verläuft ein wenig zäh und so wird ein dringendes Meeting im COP zum Grund für den Aufbruch – nicht ohne noch vorher einen Chai zu trinken – grünen gesüssten Tee – das einzig wirklich magenfreundliche an diesem Tag.

Durch die Stacheldrahtsperren geht es nach gut eineinhalb Stunden wieder in den COP wo Dyfeds Feststellung “Ich bin so vollgefressen, dass ich im Sitzen nicht atmen kann” ganz gut beschreibt wie wir uns fühlen.

Another day in paradise

… so werde ich morgens meistens begruesst! Good morning – it’s another day in paradise. Ein bisschen Sarkasmus hat noch niemanden geschadet.

In der Nacht kommen die Platoons, die auf Mission ausserhalb waren zurueck. Es ist kaum zu erkennen, dass die Soldaten fuenf Tage draussen waren. Alle sind frisch rasiert und wirken lange nicht so müde wie ich dachte. (In der US-Army ist es Grundsatz, dass jeder Soldat immer rasiert sein muss – vollständg egal ob er gerade aus einer Gefechtsstellung kommt, oder in einem Lager herumläuft). Der Koch hat Steak und Lobster vorbereitet – eine ungewöhnlich luxuriöse Truppenverpflegung, Es wäre glaube ich aber egal gewesen – was immer dort auf dem Tisch gestanden hätte – es wäre alles verputzt worden.

Muellentsorgung im Krisengebiet: Alles auf einen Haufen, Benzin drauf und schon brennt alles. Qualm und Rauch durchziehen den gesamten COP.

Der COP ist nun wieder deutlich voller und nach den etwas drögen ersten Tagen tritt so langsam Betriebsamkeit ein. Den ganzen Tag raucht es – die Soldaten verbrennen ihren Müll, es qualmt fürchterlich und der Wind steht genau in Richtung der Truppenunterkünfte sodass eine Stunde später alles und jeder nach Qualm und Rauch stinkt.

Eigentlich wird heute der Brigadekommandeur erwartet, genau so wie der Batallionskommandeur, aber beide lassen sich nicht blicken. Dyfed und ich suchen nach Motiven und Geschichten, aber innerhalb des COPs ist nicht wirklich was zu finden – wir hoffen auf die erste Mission, die wieder raus geht, bei der wir dann mitfahren werden.

Wann genau das ist? Na – Hurry Up And Wait – immer bereit sein und dann doch wieder warten. Wir werden sehen was die nächsten Tage bringen – hoffentlich aber ein bisschen mehr Schlaf. Es ist unglaublich – da kommen Soldaten von einem Fünf-Tages-Einsatz und palavern in ihren Unterkünften noch die halbe Nacht weiter … da wir in derselben Unterkunft nur durch eine Pressholzplatte von ihnen getrennt schlafen, war an Schlaf nicht zu denken, zumal die Zimmer keine Decke haben und wenn in einem Zimmer Licht brennt alle anderen Zimmer mit beleuchtet werden.

Warum die Soldaten am morgen dann auch noch fitter aussehen als ich … ? Keine Ahnung, ich glaub’ ich werde alt …

Alltag

Die Langeweile greift ein bisschen um sich – fuer die Soldaten ist es der Alltag. Wir warten auf das Platoon mit dem wir in den nächsten Tagen aus dem COP auf die Missionen rausgehen. Bislang sind sie noch draussen und bislang ist noch kein Versorgungskonvoi o.ä. zu ihnen rausgefahren, bei dem wir hätten mitfahren koennen.

Auf irgendwas wird immer gewartet. Herumstehen verschlingt einen nicht unerheblichen Teil der Zeit. Hier warten wir auf die letzten Fahrzeuge eines Konvois. Foto: John Dyfed Loesche

Ein paar abstruse Geschichten finden wir trotzdem – innerhalb des COPs ist ein afghanischer Radiosender beheimatet, der den umliegenden Distrikt mit Informationen und Musik beschallt. Dyfed interviewt den DJ der in der Station – eine irre Mischung aus Bunker, Wohnung und rudimentärer Radiotechnik – arbeitet.

So lustig wie der DJ-Job klingt – sollten diesen DJ irgendwann die Taliban in die Finger bekommen wird er ganz sicher von ihnen getötet werden. Genau so ergeht es auch Dolmetschern oder anderen “Kollaborateuren”. Eine gewisse Angst spielt also immer mit und sogar in das Dorf vis a vis kann der DJ nur mit Polizeibegleitung.

Langsam finden wir auch einen Zugang zu den Soldaten die uns bisher noch nicht kennen – die die uns kennen sind auf Mission irgendwo im Gebirge. Die Gespräche werden länger, die Details persönlicher, Familienfotos kursieren und obwohl es zwischen Medienleuten und Soldaten immer eine natürliche Grenze gibt, gibt es ein gut funktionierendes Miteinander. Ausserdem scheint Medienbegleitung etwas durchaus Normales zu sein. Man erzählt uns, dass vor kurzem ein Reporter von der New York Times da war, kurz vor uns waren zwei schwedische Journalisten hier im Outpost

Ansonsten gibt es alles was man täglich so braucht – ein gefüllter Kühlschrank, ein Etagenbett in einer Holzbaracke, reichlich Essbares (wenn auch zumeist stark kalorienhaltig), sogar Waschmaschinen und Trockner und (wenn auch viel zu wenige und langsame) Internettzugänge. Die Soldaten nutzen die Terminals wenn es eben geht – es gibt Wartelisten in die man sich eintragen muss und wenn man ihnen dann mal über die Schulter guckt sieht man zumeist Facebook-Seiten über die sie mit der Aussenwelt kommunizieren.

Das alles klingt sicher eine wenig seltsam, immerhin sind wir mitten in einem Kriegsgebiet, ist aber nachvollziehbar wenn man sich vorstellt, dass die Soldaten ein ganzes Jahr in diesem etwa drei Fussballfelder grossen Outpost leben müssen – einige sogar ohne ihn in der ganzen Zeit auch nur einmal zu verlassen.

Combat Outpost

Das Ziel unserer Reise ist erreicht. Wir sind im COP (Combat Outpost), einem Feldlager der US-Army in den afghanischen Bergen angekommen. Nach der Übernachtung im US-Stützpunkt in Sharana ging es heute mit einem Konvoi aus Militärfahrzeugen mitten hinein in die Afghanischen Berge.

Ein Regenbogen leuchtet ueber den Befestigungen des COPs in der Paktika Provinz

Die ersten Bilder entstehen und es ist ein vorsichtiges Vortasten in diese für uns fremde und unbekannte Welt.

Abends geht ein Gewitter über den COP, vorher leuchtet ein Regenbogen über den HESCOS (mit Sand und Schotter gefüllte Befestigungen die Schüsse und Granatsplitter abhalten). Geregnet hat es in den letzten Tagen hier auch – der Boden ist noch feucht und die Temperaturen auf diesem 2700 hoch gelegenen Plateau sind gemässigt, kein Vergleich zu dem heissen Bagram.

Aufgrund des Fastenmonats Ramadan hat es in den letzten Wochen angeblich kaum Feuergefechte gegeben. Nachdem Ramadan aber vorbei ist rechnet die Führung der US-Truppen derzeit täglich mit “contact” – so die offizielle Bezeichnung für eine bewaffnete Auseinandersetzung mit Aufständischen.

Da haben wir im Moment aber nichts mit zu tun. Der COP in dem wir sind gilt als sicher – ab und zu wird er angeblich beschossen, die Stellung ist aber derart gut gesichert, dass das offensichtlich nicht schlimm ist. Man kann eigentlich sehr gut einschätzen ab wann etwas sicher oder unsicher ist. Tragen die Soldaten ihre schussicheren Westen und werden ruhig scheint etwas in der Luft zu liegen. Hier im COP laufen sie teilweise mit Trainingsanzügen und Turnschuhen quer über das Gelände. Abends mit Taschenlampen die nicht mal Rotlicht benutzen – also alles safe.

Neben uns liegt eine Stadt mit ca. 30.000 Einwohnern – dort hin soll die Tage eine Patrouille gehen, der wir uns gerne anschliessen würden. Hier wird es Kontakt zur Zivilbevölkerung geben. Die Patrouillen fahren regelmässig in die Stadt und gelten ebenfalls als ungefährlich. Von den Soldaten gemachte Bilder die wir gesehen haben lassen darauf schliessen dass es dort so einige Fotomotive geben wird. Die Dorfbevölkerung macht sich überhaupt nichts daraus fotografiert zu werden, die Kinder dort finden es angeblich sogar toll. Ich hoffe also auf einige gute Bilder.

Next Exit Paktika

Nach langem Warten geht die Tour weiter. Wir verlassen Kabul mitten in der Nacht um 3 Uhr in Richtung Bagram. Dort befindet sich eine riesige Einrichtung der US-Army von der aus wir wieder weiter näher an unseren Einsatzort verlegt werden sollen. Der Flug nach Bagram mit einer Militätransportmaschine dauert nur 30 Minuten die darauf wieder folgende Wartezeit deutlich länger.

US-Soldaten warten in einer Transportmaschine vom Typ C130 die mit verschiedensten Paletten durch die Heckluke beladen wird, auf ihren Abflug.

Einen direkten Anschlussflug gibt es nicht – die nächste Maschine geht erst am kommenden Tag und so werden wir in einer Zeltstadt namens “Warrior” innerhalb des Geländes untergebracht. Shuttlebusse zirkulieren regelmässig durch die amerikanische Basis und mit einem davon fahren fast eine halbe Stunde bis wir das Camp erreichen. Hier wird uns ein Zelt zugewiesen. welches mit 160 Betten ausgestattet ist. Die meisten davon werden von sog. Contractors belegt. Das sind groesstenteils amerikanische Zivilisten, die fuer die US-Army arbeiten.

Noch am späten Abend versuchen wir den Flug in die Paktika-Provinz zu bekommen, fahren mit dem Shuttle wieder zum Airport Check-In zurück, es gibt aber keine definitive Aussage über eine Mitfluggelegenheit. Wir dürfen alle Militärmaschinen nutzen indem wir uns auf einer Liste eintragen die zu einem bestimmten Zielgebiet führt – das wollen und müssen aber auch Soldaten und Contractors, die ebenfalls in ihre Einsatzgebiete abfliegen.

In den Transportmaschinen ist aber häufig genug nicht genug Platz um viele Passagiere mitzunehmen. Also gibt es eine Priorität bei der Mitnahme. Zuallererst das zu transportierende Material, dann die Soldaten dann die Contractors und zum Schluss die Journalisten. Ist nicht genug Platz in der Maschine fliegen die Journalisten als erstes wieder raus (ist uns ein paar Mal passiert dass wir schon eingecheckt waren, dann aber wieder raus mussten weil doch noch Soldaten höherer Priorität mitfliegen mussten ), bleiben aber auf der Liste für den nächsten Flug – und das kann manchmal dauern.

Heute  morgen hat es aber geklappt und wir können nach Sharana (Zenrum der Paktika-Provinz) mitfliegen. 2000m hoch gelegen in den Bergen Afghanistans. Die Luft hier ist schon merklich dünner und beim Gepäckschleppen geht einem relativ schnell die Puste aus.

Den letzten Zielpunkt – einen Combat-Outpost in der Nähe, haben wir zwar immer noch nicht erreicht, das letzte Stück Weg werden wir vermutlich morgen mit Militärfahrzeugen machen – so ist zumindest der Plan.

Ankunft

Wir sind in Kabul! Dyfed und ich haben nach langem Flug die afghanische Hauptstadt erreicht.

Nachdem die Deutsche Bahn fast die rechtzeitige Ankunft am Flughafen Frankfurt verhindert hat sind mit Zwischenstopp in Dubai in Kabul gelandet.

Allein der dreistündige Flug Dubai – Kabul mit Safi-Airways ist ein Ereignis der besonderen Art. Ein Airbus 320 aber innendrin mit der Ausstattung einer alten Lufthansa-Maschine aus den siebziger Jahren – Röhrenfernseher im Gang von denen kein einziger funktioniert alte ausgelatschte Sitze und an die Handgepäckbegrenzung hält sich kein Mensch.

Die Klappen über den Sitzen quellen über mit diversen Einkäufen der Passagiere aus den unzähligen Duty-Free-Shops des Dubaier Flughafens.

Die ersten Hinweisschilder auf die wir am Flughafen in Dubai treffen waehrend wir das Abflugate der Maschine nach Kabul suchen sind Richtungsangaben zu medizinischem oder religiösem Support.

Ist eine skurrille Mischung von Fluggästen zwischen denen wir Platz nehmen, offensichtliche Söldner, afghanische Familien, diverse männliche und weibliche Aufbauhelfer die irgendwelche Aufbauprojekte betreuen (zwei Deutsche haben wir dabei kennengelernt, die uns von immer schlechter werdenden arbeits- und Aufenthaltsbedingungen vor Ort berichten) und – naja Dyfed und ich.

Eine permanent plappernde Stewardess und superenge Sitze hindern uns wenigstens eine Mütze voll Schlaf zu bekommen … egal jetzt. Wir sind angekommen. Die erste Information die wir von der ISAF bekommen haben war: Der Embed-Status gilt erst ab dem Eintreffen im Einsatzgebiet.

Jegliche Berichterstattung dazwischen hat den Verlust des Embed-Status zur Folge. das heisst für uns: In den nächsten Tagen wird es erst mal keine Meldungen mehr geben. Nachdem wir nun aber fast 36 Stunden auf den Beinen sind tut uns eine Mütze voll Schlaf sicher auch erst mal gut.