OP-North – Tag 5

Der „OP-North“ – Aussenposten der Bundeswehr in der afghanischen Provinz Baghlan aus der Luft fotografiert.

Es soll Richtung des Aussenpostens OP-North gehen – ein Feldlager der Bundeswehr in der angrenzenden Provinz Baghlan hoch auf einem Berg gelegen und mit Fahrzeugen von Hazrat-e Sultan nur schwer zu erreichen.

Gegen Mittag soll uns ein Helikopter abholen und dorthin befördern, aber aus irgendeinem Grund kommt er nicht. Erst gegen Abend soll ein weiterer das Camp in dem wir sind anfliegen. Also – www (wir warten weiter).

Nebenan fangen die Soldaten der Afghan National Army ihr tägliches Ausbildungsprogramm an. Heute auf der Tagesordnung: Schiessen mit Panzerabwehrwaffen und Orientierung mit Karte und Kompass.

Ich schlendere aus dem Camp heraus und niemand hat etwas dagegen, dass ich mir die Ausbildung der Soldaten aus der Nähe anschaue.

Die Ausbildung erschliesst sich mir nicht so ganz – in einer ersten Gruppe wird die Panzerwabwehrwaffe auseinander gebaut und jeder Soldat mus ein Teil davon mehrere hundert Meter im Laufschritt Richtung einer naheliegenden Hügelkette tragen und wieder zurückbringen. Fitness wird hier mit Sicherheit trainiert, da man aber den Männern nicht zeigt, wie man die Waffe wieder zusammenbaut verstehe ich den Sinn nicht so ganz. Naja – vielleicht wird das ja morgen gezeigt.

Die zweite Gruppe sitzt um eine Landkarte der Region herum und ein Kompass wird herumgereicht. Wie genau der nun funktioniert scheint niemand wirklich zu wissen – das ist schon daran zu erkennen, dass keiner den Kompass bei der Benutzung richtig herum hält. Erschwerend kommt dazu das offensichtlich keiner der Soldaten des Lesens mächtig ist und so kleine Irritationen ob der komischen Zeichen auf Karte und Kompass entstehen.

Der Kommandeur der Einheit versichert mir aber, das es hervorragend ausgebildete Soldaten sind und die Ausbildung wirklich exemplarisch gut. Nun denn – hoffen wir mal dass ich nie in die Verlegenheit komme ein wenig schlechter ausgebildete Soldaten nach dem Weg fragen zu müssen …

Ein weiterer etwas längerer Besuch in der sächsischen Gourmetküche des Feldlagers lässt die Wartezeit auf den Hubschrauber zusammenschmilzen und nachdem ich zum dritten Mal Nachschlag beim Nachtisch bekommen habe, verstaue ich meine Sachen und kurz nach Sonnenuntergang landet ein amerikanischer Black-Hawk-Hubschrauber, der uns direkt zum OP-North, der nur eine halbe Flugstunde entfernt sein soll, bringen soll.

Dieser ist vollgepfroft mit US-Soldaten, die sich alle Mühe geben meine ganze Ausrüstung irgendwie so im Hubschrauber zu verteilen dass alle noch einigermassen sitzen können und nach einer ganzen Flugstunde landet der Heli. Nicht im OP-North sondern irgendwo anders mitten in der Wüste. Die US-Soldaten verschwinden aus dem Hubschreiber und man signalisiert mir, dass ich auch erst mal aussteigen soll, da die Maschine jetzt erst mal betankt wird. Meine im uns umgehenden Lärm teilweise untergehenden Fragen nach dem hier und jetzt und warum werden vom Piloten sehr entspannt mit dem Kommentar: „No problem – next stop is OP-North, there is only a short delay“ beantwortet.

Irgendwie erinnert mich das alles ein bisschen an die Deutsche Bahn. Ich steige also wieder in den leeren Hubschrauber, das Ding hebt ab und landet nach 20 Minuten wieder – aussteigen darf ich nicht (ist ja auch nicht der OP-North) aber es steigen wieder Passagiere ein. Irgendwelche zivilen Techniker die nach Masar-i-Scharif fliegen wollen.

Das liegt zwar wieder ganz woanders – aber erstens fliege ich ganz gerne Hubschrauber und da man mir signalisiert: „No problem … next stop … usw … bleibe ich also jetzt auch ganz entspannt.

Irgendwann landen wir dann wirklich am OP-North und der mich schon länger erwartende Soldat der Bundeswehr fragt zwar, warum ich erst noch einen Rundflug über Nord-Afghanistan gemacht habe, ist aber trotzdem erleichert das ja alles fast reibungslos geklappt hat.

Es ist spät abends und mitten in der Nacht wird mir ein Zelt in dem wirklich auf einem Berg liegenden Feldlager zugewiesen. Ich soll erst mal schlafen, morgen kann ich dann zur Lagebesprechung und ich kann mir aussuschen, was ich so alles fotografieren will. Prima!

Leider ist mein Schlafsack irgendwie im Hubschrauber geblieben – macht aber nix, das Ding war sowieso nicht kälteresistent …

Einige freundliche Soldaten sammeln einen ganzen Stapel dieser bei der Bundeswehr zu allem möglichen benutzten kratzigen Decken zusammen. Und eingemummelt in eine Deckenburg verbringe ich die Nacht warm, aber sehr kratzig, im Zelt. Ich glaube morgen werde ich als Erstes mal grundsätzliche Änderungen beim Schlafkomfort organisieren …