Das Camp Hazrat-e Sultan verfällt tagsüber wieder in einen gemächlichen aber ständigen Arbeitsrhythmus. Nachdem dieses Feldlager jedoch fast gänzlich leergeräumt ist hat es aber noch ein echtes Highlight zu bieten – die Küche.
Ein Team von Soldaten aus Sachsen hat es sich scheinbar auf die Fahne geschrieben, mitten im nirgendwo das Niveau von Bundeswehrfeldküche auf einen bis dato nicht gekannten Qualitätsstandard hochzuschrauben.
Ohne Mampf kein Kampf – demnach müsste hier der Kampfgeist besonders ausgeprägt sein. Von Sauerbraten mit Knödeln und Rotkraut über Gyros mit Pommes oder frischen Fischfilets. Die Entscheidung die Kühlcontainer als Letztes abzutransportieren war offensichtlich richtig. Alles wird frisch zubereitet und es schmeckt „wie bei Muttern“. Selbst zum Frühstück wird neben den normalen Broten und Rührei immer noch etwas Warmes wie Weisswürste mit süssem Senf oder kleine Häppchen serviert.
Das ich mich einen nicht so kleinen Teil der Zeit permanent im Verpflegungszelt aufhalte kann man so vielleicht verstehen – fotografisch gibt es hier nicht sonderlich viel Belichtenswertes und die Frage nach den überflüssigen Pfunden verdränge ich erst mal – es schmeckt wirklich ausserordentlich lecker.
Das haben selbst die amerikanischen Soldaten mitbekommen die auch deutlich länger als gewohnt an den Tischen sitzen und sich für einen Nachschlag mehr als einmal in die Reihe der Essenfassenden einreihen.
Der Tag schleppt sich so hin, bis die Kälte wieder um sich greift. Am heutigen Abend ist es aber nicht so tragisch. In einer kleinen Feuerstelle werden alle möglichen Holzreste, seinen es alte Paletten, Holzkeile oder nicht mehr gebrauchte Conatinerstützen aus Holz verfeuert. Ein bisschen Lagerfeuerromantik – unterstützt durch ein paar auf verschleierten Wegen eingeschmuggelte Bierbüchsen – und die Stimmung wird immer lockerer.
Neben den Bierbüchsen kursieren auch Geschichten des Erlebten und viele der „Lagerfeuerbesetzer“ erzählen ihre lustigen, nachdenklichen, spannenden, traurig-machenden und manchmal unglaublichen Anekdoten aus ihrer Zeit in Afghanistan.
Den Vogel schiessen aber die Techniker des PGSS-Systems – des gestrigen schon beschriebenen Überwachungssystems – ab. Irgendwann beginnt einer mit den „Ihr glaubt ja gar nicht was die Soldaten der ANA in ihrem Feldcamp tun wenn sie sich nachts unbeobachtet fühlen“ Geschichten.
Sie richtig glauben kann diese Geschichten niemand – bis dann die Frage nach den Beweisen aufkommt. Und die haben sie. Es ist schier unglaublich welche Bildqualität die installierte Überwachungskamera schon bei ein bisschen Mondlicht hat und noch schier unglaublicher welche Videos da nächtens aufgezeichnet worden sind: Das der Gebrauch von Toilettenpapier zumindest unüblich ist und stattdessen lieber eine handvoll Sand dem gleichen Zweck dient mag evtl. noch niemanden ernstlich erschüttern, dass es im Anschluss daran direkt zur Nahrungsaufnahme ohne irgendwelche Hilfsmittel wie Besteck geht mag vielleicht auch „nur“ etwas abstossend wirken. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs der schier unfassbaren Videos der Überwachungskamera – ich lasse weitere Beschreibungen und alle Details mal weg und entlasse Euch in die persönliche Phantasie.
Irgendwann geht es dann wieder in die Kälte des unzureichenden Schlafsacks – nicht ohne den Versuch die eben noch gesehenen Bilder wieder aus dem Kopf zu bekommen. Nicht ganz einfach – aber „rein zufällig“ sind noch ein paar Bierbüchsen aufgetaucht. Man kann solche Bilder auch ertränken.
Morgen soll es in die Provinz Baghlan in den „OP-North“ gehen – per Hubschrauber … ich bin gespannt und hoffentlich gibt es da kein PGSS.