Immer wieder werde ich – nachdem mir ein gewisser Grad an Geistesgestörtheit bescheinigt wird, noch einmal nach Afghanistan zu fahren – gefragt (meistens direkt im Anschluss an die vorgenannte Feststellung): „Mit was für Kameras fotografierst Du da und welche Objektive nimmst Du mit?“
Grundsätzlich verstehe ich das Interesse, und wenn es dazu dient zu vermeiden, nach diesem Aufenthalt bei gezeigten Bildern nicht immer wieder die Frage gestellt zu bekommen: „Mit was für einer Kamera hast Du das Bild gemacht?“, schreibe ich gerne die Überlegungen dazu noch einmal auf.
Also: Welche Ausrüstung brauche ich, um einen mehrere Wochen dauernden Aufenthalt bei US-Truppen im Afghanisch/Pakistanischen Grenzgebiet fotografisch zu begleiten?
Nach wie vor benutze ich Spiegelreflexkameras der Firma Nikon. Leider, und das habe ich schon beim letzten Aufenthalt in den Höhenlagen der afghanischen Berge mehrmals verflucht, Kameras vom Typ D3s. Die sind schnell und robust mit wirklich bestechender Bildqualität. Aber auch die Nachteile sollten nicht verschwiegen werden. Sie sind groß, schwer und laut (die Kameras haben zwar einen „Silent-Mode“, aber von Silence kann man bei dem zwar gedämpften, aber immer noch recht lauten Verschlussgeräusch nicht wirklich reden). Ein unauffälliges Fotografieren ist mit diesen Kameras quasi unmöglich – ein bisschen sieht eine DSLR, wenn man mit ihr fotografiert, auch wie eine Waffe aus… leider! Ich habe immer wieder festgestellt, dass man als Fotograf mit kleinen unauffälligen Kameras oft übersehen, oder zumindest nicht wirklich ernst genommen wird, was es manchmal ungemein erleichtert; an die gewünschten Bilder und/oder Motive zu kommen.
Und – ausserdem lästig: Zwei dieser D3s-Boliden – bestückt mit auch nicht gerade leichten Objektiven – hängen manchmal wie große Backsteine an den Schultergurten. Vielleicht ist das Jammern auf hohem Niveau – die Soldaten; die ich begleite; schleppen meist viel mehr Zeug durch die Gegend. Aber die sind auch eher halb so alt wie ich und haben eine bessere Kondition. Die benutzten Objektive waren beim letzten Aufenthalt meistens die Festbrennweiten-Kombinationen 24mm und 50mm oder 35 mm und 85 mm, manchmal auch die Kombination der Zoom-Objektive 24-70 und 70-200 mm. Objektivwechsel sind in dieser maximal staubigen Gegend überhaupt nicht denkbar. Ich habe das immer mit größter Vorsicht in irgendwelchen Innenräumen versucht, aber trotz seltener Objektivwechsel sah der Chip nach 3 Wochen wie ein Streuselkuchen aus.
Und mehr als die genannten Linsen werde ich dieses Mal auch nicht mitnehmen. Kein Extrem-Weitwinkel, kein langes Tele über 200 mm, evtl. bleibt sogar das 85mm Objektiv zu Hause und ich kombiniere immer eines der Zoom-Objektive mit einer Festbrennweite … zusammen mit den beiden Kameras ist damit die Fototasche schon einigermaßen schwer. Im Zuge des Gedankens „Gewichtsersparnis, aber keine Qualitätsersparnis“ wünsche ich mir aber eigentlich ein deutlich leichteres Kamerasetup.
Was also wären Alternativen zu diesem schwergewichtigen Handwerkszeug? Beim letzten Afghanistan-Besuch hatte ich die hochgelobte X100 Sucherkamera von Fuji mit dabei. Mit dem festen 35mm Objektiv (eine meiner Lieblingsbrennweiten) und der bestechenden Bildqualität schien sie mir eine wunderbare Alternative zu den obigen DSLRs zu sein – die Tücken lagen da aber im Detail. Vom Anschalten der Kamera bis zur Möglichkeit auszulösen vergingen mitunter mehrere (entscheidende) Sekunden – schnelles Reagieren war mit dieser Kamera nicht möglich. Auch eine permanent eingeschaltete Kamera war da keine Option. Die dann noch zur Verfügung stehende Akkulaufzeit reduzierte die Arbeitszeit drastisch (coole Arbeitnehmerkamera). Und der AF war – um es milde auszudrücken – mehr als suboptimal. Die bleibt definitiv zu Hause!
Inzwischen hat Fuji eine neue Kamera auf dem Markt – die X1pro Sucherkamera mit Wechselobjektiven. Hört sich auf dem Papier zunächst mal phantastisch an. Der Preis auch, wenngleich er immer noch deutlich unter den Phantasiepreisen einer von mir so sehnsüchtig herbeigewünschten M-Leica liegt.
Die X1pro werde ich – so sie irgendwann mal verfügbar ist – sicher näher unter die Lupe nehmen, und ich hoffe, dass die Ingenieure nicht das AF-Modul der X100 und auch nicht die gleiche Einschaltelektronik verbaut haben. Wenn das besser geworden ist, dann muss ich wohl noch einmal tief in die Tasche greifen (nachdem jetzt schon einiges an Geld in das gewünschte, weil leichte und schnelle Laptop MacBook Air geflossen ist). Aber ich werde meinen guten Freund Fabian – der es ja immer wieder geschafft, seinen Lebensunterhalt ausschliesslich von der Mehrwertsteuer zu bestreiten – noch einmal zu Rate ziehen, wie diese Überlebensstrategie im einzelnen funktioniert.
Dann hatte ich irgendwie noch den Wunsch, einige Bilder stilistisch eher retro aussehen zu lassen. Am liebsten wäre es mir, noch einen Teil analog mit S/W-Film zu fotografieren. Es gibt einige Motive, von denen ich jetzt schon weiß und die ich mir in der Art gut vorstellen könnte. Ob ich jetzt aber noch eine Holga einpacke oder lieber eine alte Hasselblad o.ä. weiss ich noch nicht – eigentlich wollte ich ja Gewicht sparen. Andererseits bin ich auch in die Möglichkeit verliebt, einfach mit dem neuen iPhone und der Hipstamatic-App zu fotografieren. Vermutlich geht jetzt ein Aufschrei von wegen Spielkram bei so ernsten Themen oder die Authenzität von Handy-Fotos los, aber, obwohl inzwischen so viele Bilder mit dieser Retro-App das Netz überfluten, kann ich mich der Ästhetik des Unperfekten der Hipstamatic-Bilder nicht entziehen. Die Bilder habe ich schon so etwa im Kopf, und ich werde den iPhone-Ansatz ganz sicher ausprobieren. Einige Ergebnisse werde ich dann hier im Blog einstellen.