Patrouille in Baghlan – Tag 6

Ein Bundeswehrfahrzeug vom Typ „Dingo“ faehrt durch aufgewirbelten Staub.

Die Nacht ist überstanden und ich erklimme im wahrsten Sinne des Wortes den Gipfel des OP North. Einige in den Berg gearbeitet Treppen führen zur Leitung des Camps sowie zum Küchenzelt. Gleichzeitig ist auf dem Gipfel noch so eine Art Treffpunkt mit Zugriff auf einen Kühlschrank und ein paar ausliegende Verpflegungsrationen – wenn der kleine Hunger kommt.

Ein paar Katzen dösen auf den Bänken … glänzendes Fell, wohlgenährt und ziemlich schmusig. Sind das afghanische Katzen? Ehemals ja – bis sie von einer Einheit Pioniere in einem ziemlich erbärmlichen Zustand irgendwo aufgelesen und ins Camp mitgenommen worden sind.

Zwei von Ihnen heissen „Heckler & Koch“ – typischer Soldatenhumor sie nach einem Waffenhersteller zu benennen. Warum die dritte Katze Inge heisst kann mir indes niemand beantworten.

Eine Pioniereinheit macht sich fertig um auf eine Patrouille rauszufahren – Anlass: Es sollen diverse Strassen auf IEDs (Improvised Explosive Device), auf Deutsch Sprengfallen, kontrolliert werde, Diese perfiden selbsgebastelten Sprengkörper die zumeist an Strassen versteckt werden um dann damit Militärfahrzeuge in die Luft zu jagen sind der Todesbringer Nummer 1 in Afghanistan Sie sind aber nicht nur eine Bedrohung für die Soldaten sonder auch für die Zivilbevölkerung.

Diese sollen jetzt in den Wasser- und Abwasserkanälen der umliegenden Dörfer gesucht, gefunden und unschädlich gemacht werden.

Es geht in die Fahrzeuge und mit einem Konvoi aus Transportpanzern (in einem davon bekomme auch ich einen Platz) geht es aus dem Camp raus Richtung Süden.

Noch vor einigen Monaten – erzählen mir die Soldaten – wurden sie, sobald sie das Camp mit Fahrzeugen verliessen direkt beschossen. Die Provinz Baghlan in der der OP North liegt gilt inzwischen aber als recht ruhig und niemand rechnet derzeit ernsthaft mit einem Feuergefecht. Kritisch ist immer der Moment wo die Soldaten aus den Fahrzeugen aussteigen um dann wirklich am Strassenrand entlanggehen um diese Sprengfallen zu suchen.

Die Fahrzeuge bleiben dabei immer ein Stück zurück, da ihr Gewicht die Zünder der IEDs auslösen kann – es ist aber auch schon vorgekommen, dass die Dinger absichtlich per Funk dann gezündet wurden wenn Soldaten kurz davor waren sie zu entdecken. Dabei wird dann keine Rücksicht darauf genommen, ob noch Zivilbevölkerung oder gar Kinder in der Nähe sind. Der Zweck heiligt die Mittel – eine grausame Terrorpolitik.

Auf der belebten Strasse fahren alle möglichen Fahrzeuge und am Strassenrand suchen Soldaten nach den Explosivkörpern – eine absurde und ziemlich seltsame Situation.

Nach 3 Stunden ist das erste Patrouillenstück geschafft und im Schneckentempo geht es wieder in den OP-North. Die Staubfontänen der grossen Militärfahrzeuge sind meterhoch und meine Idee die Dachluke eines der Panzer aufzumachen um von oben rauszufotografieren stellt sich nach wenigen Minuten als ziemlich doofe Idee heraus. Es dauert nur wenige Minuten und die Linsen meiner Objektive sind so staubig das damit bestenfalls noch der Hamiltonsche Weichzeicher möglich ist.

Alles abwischen hilft nicht – ich muss den Deckel wieder zumachen. Und eine Beschäftigung für heute Abend hab‘ ich auch schon – Equipment putzen. Mein lieber Schwan ist das dreckig – und das in nur ein paar Minuten. Das ich gerade permanent Wüstenstaub aushuste ist nicht ganz so schlimm – ein paar Zigaretten und es geht schon wieder ….